Depression auf einen Blick
Ursachen und Symptome, Auswirkungen und Therapie einer Depression
Eine Depression im medizinischen Sinn muss deutlich unterschieden werden von depressiven Verstimmungen, die jeder kennt und die zum Leben dazu gehören. Auch wenn die Abgrenzung hin zur leichten Depression fließend sein kann, erlauben die Symptome einer Depression doch meist eine eindeutige Diagnosestellung: Neben der gedrückte Grundstimmung leiden depressive Menschen in der Regel an Antriebsstörungen. Alles erfolgt wie gegen einen bleiernden Widerstand. Die Betroffenen sind oft nicht in der Lage, kleinste Entscheidungen zu treffen, haben die Fähigkeit verloren, Freude zu empfinden. Es bestehen Konzentrationsstörungen, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle, meist auch eine alles begleitende Angst und Beklemmung. Hinzu kommen in den meisten Fällen körperliche Mißempfindungen sowie Schlafstörungen oder Appetitmangel, oft verbunden mit Gewichtsverlust.
Fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland erfüllen aktuell die Kriterien einer depressiven Störung, das entspricht ca. vier Millionen Menschen. Zehn Prozent der Bundesbürger erkranken einmal oder mehrmals in ihrem Leben an einer schweren depressiven Episode. Bei vielen Erkrankten stehen körperliche Beschwerden wie Magen-, Kopf- oder Rückenschmerzen im Vordergrund. Das macht es zusammen mit der unterschiedlichen Ausprägung der psychischen Symptome oft schwer, eine Depression zu diagnostizieren. Hierfür ist gezieltes Nachfragen durch den behandelnden Arzt nötig. Nicht nur vom subjektiven Erleben her, sondern auch objektiv gesehen ist die Depression eine schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankung. Hier ist die Gefahr der Suizidversuche und der Suizide (Selbsttötungen) zu nennen. Fast alle Patienten mit schweren Depressionen haben zumindest Suizidgedanken.
Wie entsteht eine Depression?
Eine Depression hat selten eine einzige Ursache. Meist führt ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zur Erkrankung. Die Depression wird sowohl von der körperlichen, genauer der neurobiologischen Seite her als auch von der psychischen und psychosozialen Seite her erklärt und auch behandelt. Wie bei den zwei Seiten einer Medaille ergänzen sich auch hier die beiden Betrachtungsweisen.
Die neurobiologische Seite:
Nach Ansicht vieler Wissenschaftler ist während einer Depression der Stoffwechsel des Gehirns gestört: Die Botenstoffe Serotonin und/oder Noradrenalin, die für die Übertragung von Impulsen zwischen den Nervenzellen verantwortlich sind, sind aus der Balance geraten. Sie sind entweder in zu geringer Konzentration vorhanden oder aber die Übertragung funktioniert nicht richtig. Weiter sind die Stresshormone und die genetische Veranlagung als mögliche Faktoren zu nennen. Letztere hat Einfluss darauf, ob ein bestimmter Mensch dazu neigt, z.B. unter Stress depressiv zu erkranken.
Die psychosoziale Seite:
Neben der Hirnfunktion sind psychosoziale Faktoren, die andere Seite der Medaille, zu betrachten. Der Verlust des Arbeitsplatzes, die Trauer um eine nahestehende Person, chronische Überlastung aber auch scheinbar Erfreuliches, wie eine bestandene Prüfung oder Beförderung, kann eine Depression auslösen. So individuell wie die Symptome einer Depression, so unterschiedlich können auch die Auslöser sein. Bei vielen Patienten ist auch kein Auslöser identifizierbar.
Wirksame Therapieverfahren
Die wichtigsten Säulen der Behandlung einer Depression sind die Pharmakotherapie (Behandlung mit Antidepressiva) und die Psychotherapie. Oft ist es sinnvoll, beide Behandlungsformen zu kombinieren. Die Pharmakotherapie mit Antidepressiva gilt inzwischen als unverzichtbares und wirksames Heilverfahren. Antidepressiva beeinflussen die Botenstoffe im Gehirn. Sie machen entgegen vieler Vorurteile und im Gegensatz zu Beruhigungs- und Schlafmitteln nicht süchtig. Nimmt ein Gesunder ein Antidepressivum ein, so wird er davon nicht "high".
Für die Behandlung depressiver Patienten stehen verschiedene psychotherapeutische Verfahren zur Verfügung. Die mit Abstand besten Wirksamkeitsbelege liegen für das Verfahren der so genannten "kognitiven Verhaltenstherapie" vor. Elemente dieses Behandlungsansatzes sind die Tagesstrukturierung, d.h. dass ein gutes Verhältnis zwischen Pflichten und angenehmen Tätigkeiten angestrebt wird, weiter das Angehen gegen negative Denkautomatismen ("alles was ich mache, mache ich falsch") und das Trainieren von sozialen Fertigkeiten. Psychotherapie kann für die Akutbehandlung leichterer bis mittelschwerer Depressionen sinnvoll sein, aber auch nach einer abklingenden depressiven Episode zur Vermeidung von Rückfällen.
Autor: Ulrich Hegerl, Leiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig