Rückblick
Das Modellprojekt: Das „Nürnberger Bündnis gegen Depression“
Das „Deutsche Bündnis gegen Depression e.V.“ entstand im Rahmen des Großforschungsprojektes „Kompetenznetz Depression, Suizidalität“ und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Das Projekt startete als Modell erstmals 2000 in Nürnberg und wurde in den ersten Jahren wissenschaftlich begleitet. Die lokale Aufklärungskampagne umfasste eine Vielzahl an Aktivitäten.
- Kooperation mit Hausärzten
Patienten suchen bei Beschwerden zuerst ihren Hausarzt auf. Dass hier eine vorliegende Depression erkannt wird, ist entscheidend für den weiteren Versorgungsweg des Patienten. In Nürnberg fanden zahlreiche Fortbildungen statt. Den Ärzten wurden Screeningbögen zur besseren Erfassung von Depression angeboten. Ein Informationsfilm wurde erstellt, der über Diagnose und Pharmakotherapie informiert. Des Weiteren wurden den Ärzten vielfältige Informationsmaterialien zur Weitergabe an Patienten zur Verfügung gestellt.
- Aufklärung der Öffentlichkeit
Ziel der professionellen PR-Kampagne war die Aufklärung über die Krankheit Depression und ihre Behandelbarkeit. Unter anderem wurden 100.000 Flyer, 20.000 Ratgeberbroschüren und 4.000 Informationsvideos verteilt. Auf die Thematik wurde immer wieder mit Plakaten und durch einen Kinospot hingewiesen. Darüber hinaus wurde in öffentlichen Veranstaltungen auf die Thematik aufmerksam gemacht (Vorträge, Podiumsdiskussionen, Aktionstage etc.). Zudem fand eine enge Zusammenarbeit mit Funk, Fernsehen und Printmedien statt, um die Präsenz der Thematik in der öffentlichen Diskussion zu stärken.
- Zusammenarbeit mit Multiplikatoren
In Nürnberg wurden unter anderem 1.500 Lehrer, Berater, Pfarrer, Altenpflegekräfte, Polizisten und Apotheker zum Thema „Depression und Suizidalität“ in über 80 Fortbildungen weiterqualifiziert. Für Journalisten wurde ein Medienguide zur Berichterstattung über Suizid erstellt, der auf den „Werther-Effekt“ hinweist und für eine moderatere Berichterstattung plädiert, um Nachahmungssuizide zu verhindern.
- Angebote für Betroffene und Angehörige
Für Patienten nach Suizidversuch wurde eine spezielle Hotline eingerichtet. Auf diese Art sollte im Falle einer Krise ein schneller und unbürokratischer Zugang zu einer fachärztlichen Betreuung hergestellt werden. Zudem wurden Selbsthilfeaktivitäten gefördert. Mit Hilfe des „Nürnberger Bündnisses gegen Depression“ ist es gelungen, zahlreiche neue Selbsthilfegruppen ins Leben zu rufen.
Die Evaluation erfolgte bezogen auf eine einjährige Baseline (2000), in der keine Intervention stattfand, und auf die Kontrollregion Würzburg. Das von vornherein festgelegte primäre Erfolgskriterium war die Zahl der suizidalen Handlungen (Suizide und Suizidversuche; siehe Abbildung). Während der 2-jährigen Intervention kam es in Nürnberg gegenüber dem Baselinejahr zu einer Reduktion der Anzahl suizidaler Handlungen um 24 %. Diese Veränderungen waren gegenüber der Kontrollregion Würzburg, wo keine systematische Veränderung der Anzahl suizidaler Handlungen in diesen Jahren beobachtet wurde, statistisch signifikant (Hegerl et al., 2006). Im Folgejahr (2003) nach der Intervention blieb dieser Effekt stabil und die Reduktion vergrößerte sich sogar auf -32% (Hegerl et al., 2009)
Abb.: Suizidale Handlungen in Nürnberg und Würzburg während Baseline (2000) und Intervention (2001 – 2002)
Der Erfolg des Nürnberger Bündnisses gegen Depression hat zu zahlreichen Anfragen aus anderen Regionen in Deutschland sowie aus anderen europäischen Ländern geführt mit dem Wunsch, das Konzept und die Materialen für eigene Bündnisse übernehmen zu können. Vor diesem Hintergrund wurde das „Deutsche Bündnis gegen Depression e.V.“ im Jahr 2003 gegründet.
Das „Deutsche Bündnis gegen Depression e.V.“ wurde bis 2008 als Transferprojekt des „Kompetenznetzes Depression, Suizidalität“ finanziell gefördert. Seit Auslaufen der Förderung finanziert sich der Verein durch Spenden, Sponsoren (keine Pharmaindustrie), regionale Aufwandsentschädigung der Kooperationspartner, Rücklagen und über verschiedene Projekte unter dem Dach der „Stiftung Deutsche Depressionshilfe“.

Das 4-Ebenen Interventions-Konzept des Deutschen Bündnisses stieß 2004 auf internationales Interesse und wurde mit Unterstützung der Europäischen Union von mehreren europäischen Experten für verschiedene Länder angepasst. Seit 2008 besteht die European Alliance Against Depression e.V. (EAAD) als eigenständige gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, weitere Länder beim Aufbau von Bündnissen gegen Depression zu unterstützen und damit zur besseren Versorgung depressiv Erkrankter und Prävention suizidalen Verhaltens beizutragen.
Mittlerweile sind weltweit über 20 Partner im EAAD beteiligt - in Deutschland die Stiftung Deutsche Depressionshilfe gemeinsam mit dem Deutschen Bündnis gegen Depression.
Der EAAD wurde als best practice-Beispiel erwähnt und ausgezeichnet und ist in mehreren von der EU geförderten Forschungsprojekten im Bereich psychische Gesundheit beteiligt.
Weiterhin sorgt der Verein für die internationale Verbreitung und Anpassung des iFightDepression® Selbstmanagement-Tools für Patienten mit leichteren Depressionen und zugehöriger, mehrsprachiger Informationswebsite iFightDepression.com
Für weitere Informationen wenden Sie sich gern an die Koordinationszentrale unter contact@eaad.net , folgen Sie uns auf Twitter oder besuchen Sie eaad.net.
Netzwerkpartner des EAAD (Stand: Juli 2016)