Weitere antidepressive Behandlungen

Neben der medikamentösen und der psychotherapeutischen Therapie werden zur Behandlung einiger Formen der Depression auch weitere somatische, d.h. körperbezogene Therapien durchgeführt. Die Wichtigsten sind:

Diese somatischen Therapien werden in der Regel stationär, teilweise auch ambulant (Lichttherapie) durchgeführt.

„Am Ende des Tunnels“, Katrin Meinhardt (Fotowettbewerb 2011)
„Am Ende des Tunnels“, Katrin Meinhardt (Fotowettbewerb 2011)

Lichttherapie

Die Lichttherapie gilt als wirksame Methode zur Unterstützung der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung bei saisonal bedingten Depressionen (siehe unten).

Den Patienten wird empfohlen, sich täglich für 30 bis 40 Minuten einer starken Lichtquelle auszusetzen (2.500 bis 10.000 Lux Beleuchtungsstärke). Die Behandlung dauert mehrere Tage bis zu einer Woche. Nach einer Woche erleben 60 % der Patienten mit jahreszeitlich bedingter Depression eine Verbesserung ihres Befindens.

„Erfahrene“ Patienten beginnen oft bereits im Oktober mit einer prophylaktischen (vorbeugenden) Lichttherapie.

Info: Saisonal bedingte Depression

Von saisonal bedingter Depression (auch Winterdepression genannt) wird gesprochen, wenn sich Symptome einer depressiven Episode ausschließlich und wiederholt zu einer bestimmten Jahreszeit, typischerweise im Herbst und Winter zeigen. Neben den klassischen Symptomen einer Depression treten atypische Symptome wie Heißhunger statt Appetitverlust und vermehrter Schlaf statt Ein- und Durchschlafstörungen auf. Viele Studien weisen darauf hin, dass die Lichttherapie besonders bei saisonal bedingten Depressionen wirkt.


Therapeutischer Schlafentzug (Wachtherapie)

Viele Patienten mit Depression haben Schlafstörungen. Ein Großteil bemerkt Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten eindeutig belegen, dass therapeutischer Schlafentzug einen stimmungsaufhellenden Effekt hat.

Der therapeutische Schlafentzug stellt eine Unterstützung der medikamentösen und psychotherapeutischen Therapie dar und wird in der Regel im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt. Er eignet sich vor allem für Patienten, die unter einem ausgeprägten Morgentief oder starken Schlafstörungen leiden.

Zwei- bis dreimal pro Woche bleiben die Patienten eine Nacht oder die zweite Nachthälfte wach und sollen auch den nächsten Tag über nicht schlafen. Bei 60 % kommt es meist in den frühen Morgenstunden, zur Überraschung der Erkrankten, zu einer abrupten Besserung der Stimmung und des Antriebs.

„Während meines ersten Klinikaufenthaltes führte ich zum ersten Mal einen Schlafentzug durch. Gemeinsam mit einer Mitpatientin und einem Therapeuten blieb ich die zweite Nachthälfte, also ab ca. 1:00 Uhr, wach. Ich war erstaunt, wie viel Energie ich am nächsten Tag hatte und wie heiter ich war. Entgegen meiner Erwartung war ich auch gar nicht sehr müde. Meine Stimmung war so gut wie lange nicht mehr — das hat mir Mut gemacht.“

Quelle: Ein(e) Betroffene(r)

Manche Patienten, die mit Schlafentzug gute Erfahrungen gemacht haben, führen diesen auch zu Hause gelegentlich durch, um die Depression im Zaum zu halten.


Rehabilitationssport

Bewegung kann die Behandlung einer Depression unterstützen. So ist Sport in vielen Kliniken Teil des Therapieplanes. Auch außerhalb der Klinik können Sie sich ein unterstützendes Sport-Angebot von Ihrem Arzt verschreiben lassen. Der so genannte Rehabilitationssport bietet Menschen mit psychischen Erkrankungen die Möglichkeit, ihre Bewegungsfähigkeit unter speziell ausgebildeter Übungsleitung nachhaltig zu verbessern. Mehr dazu lesen Sie in diesem Flyer:


Elektrokrampftherapie (EKT)

Die Elektrokrampftherapie (EKT) ist eine Behandlung, die in der Regel nur bei Patienten mit schwerer oder chronischer Depression eingesetzt wird, falls medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen nicht ausreichend wirken. Sie gilt als mit Abstand wirksamstes Therapieverfahren bei wahnhaften und therapieresistenten Depressionen.

Die EKT ist eine Behandlung mit elektrischem Strom: Durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns (20 bis 30 Sekunden) wird ein epileptischer Krampfanfall ausgelöst. Die Behandlung wird unter kurzer Vollnarkose durchgeführt und es werden muskelentspannende Medikamente (sogenannte Muskelrelaxantien) gegeben, um stärkere Muskelkrämpfe zu vermeiden. Der Patient erhält in der Regel neun bis zwölf Anwendungen, verteilt über etwa drei bis fünf Wochen. Bei der Mehrzahl der Patienten kann mithilfe der EKT eine entscheidende Verbesserung der Depression erreicht werden. Während und nach Abschluss der EKT wird eine medikamentöse Therapie fortgesetzt, um Rückfälle zu verhindern.

Nebenwirkungen und Risiken der EKT beinhalten vor allem das Narkoserisiko und manchmal vorübergehende Gedächtnisstörungen. Für viele Patienten ist die in Kurznarkose durchgeführte EKT weniger belastend als eine anhaltende schwere Depression mit langwierigen medikamentösen Therapieversuchen.

Mehr zu dem Therapieverfahren in dieser Broschüre:


Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)

Bei der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) werden Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen von außen mithilfe eines Magnetfelds stimuliert. Dafür wird eine Magnetspule am Kopf angelegt. Die Patienten kommen über einen Zeitraum von ungefähr vier Wochen täglich in die Klinik, wobei eine Sitzung nur etwa 15 Minuten dauert. Eine Narkose ist nicht notwendig, außer eventuellen Kopfschmerzen treten keine Nebenwirkungen auf. Die rTMS wird in der Leitlinie „Unipolare Depression“ vor allem bei therapieresistenten Depressionen empfohlen, d.h. wenn mindestens zwei verschiedene Antidepressiva und Psychotherapie nicht den erwünschten Erfolg haben. Aber auch bei weniger hartnäckigen Depressionsformen kann rTMS zum Einsatz kommen. Dabei sollten Patientinnen und Patienten sich ausschließlich an erfahrene Behandler wenden.


Ketamin/Esketamin

Ketamin wird seit Längerem als Narkosemittel eingesetzt. Eine Form des Ketamins, das sogenannte Esketamin hat in der Forschung eine rasche antidepressive Wirkung gezeigt. Es ist deshalb als Nasenspray in Europa zur Depressionsbehandlung Erwachsener zugelassen. Allerdings nur, wenn die Behandlung mit mindestens zwei verschiedenen Antidepressiva keine ausreichende Besserung gebracht hat. Weiterhin darf das Nasenspray zur kurzfristigen Notfallbehandlung eingesetzt werden. Esketamin wird immer in Kombination mit Antidepressiva angewendet. Das Nasenspray darf ausschließlich unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal verabreicht werden. Patientinnen und Patienten kommen wöchentlich oder alle 14 Tage in eine Klinik oder Praxis. Die Nebenwirkungen sind überwiegend vorübergehend. Esketamin ist insbesondere bei hartnäckigen Depressionen einen wertvolle Möglichkeit der Behandlung. Es führt bei ungefähr der Hälfte der Patentinnen und Patienten innerhalb von 6 Monaten zu einem Abklingen der depressiven Symptome.


Vagusnervstimulation (VNS)

Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Behandlungsmöglichkeit für Menschen mit chronischer oder wiederkehrender, schwerer Depression. Sie wird in spezialisierten Zentren als Zusatztherapie eingesetzt, da es derzeit noch nicht ausreichend Studien zur Wirksamkeit gibt. Bei der VNS wird den Patientinnen und Patienten ein Stimulator unter die Haut auf Höhe des Schlüsselbeins implantiert (ähnlich einem Herzschrittmacher). Der Stimulator gibt dann regelmäßig milde elektrische Impulse an den sogenannten Vagusnerv ab. Durch die Stimulation des Vagusnervs werden u.a. die Bereiche des Gehirns angeregt, welche die Stimmungslage steuern. Der Therapieerfolg der VNS tritt erst im längerfristigen Verlauf nach 3 bis 12 Monaten ein. Wie andere Behandlungen auch kann die VNS mit Nebenwirkungen einhergehen. Die häufigsten Stimulations-bedingten Begleiterscheinungen sind Heiserkeit oder Husten während der kurzen elektrischen Stimulationsphasen, welche aber gut handhabbar sind.

Aktuell wird für eine Studie zur Magnetstimulation bei Depression an sieben Kliniken bundesweit noch nach Teilnehmenden gesucht.